Die Geschichte vom Landfisch

Zuerst sage ich euch, der Landfisch ist kein Landei. Er ist kein Dummkopf oder Schweinebacke, sondern er ist ein ausgefuchstes Klugbein. Ein überaus geschicktes, erfinderisches, lustiges und listiges Klugbein. Wie er solch ein Klugbein wurde der Landfisch? Gut, dass du das fragst! Denn der Landfisch war nicht immer so geschickt, erfinderisch, lustig und listig. Nein, gar nicht auch. Als er noch ein Fischfisch war und einzig und allein im Wasser sein zu Hause hatte, da war er doch sehr unzufrieden und oftmals auch traurig und niedergeschlagen.

„Ich fühle mich eingeengt und unzufrieden hier im Wasser“, sagte er eines Morgens zu einem Esel, der gerade sein Maul ins Wasser gesteckt hatte, um zu trinken.
„Dann mach es doch wie ich“, sagte der Esel, „komm ans Land und wir wandern ein Stück zusammen und ich will dir zeigen wie schön und farbenfroh die Welt ist.“
„Du bist so was von einem Esel“, sagte der Fischfisch, „wie sollte denn unsereins aufs Land kommen. Siehst du nicht, wie anders ich bin?“
Der Esel schüttelte den Kopf und iate: „Papperlapapp – anders! Wenn ich das Wort nur höre wird mir schlecht. Ich sage dir was Fischfisch, hüpfe ans Land und wir machen zusammen ein paar tüchtige Atemzüge, ein paar kleine Schritte und zu guter Letzt wollen wir auch noch ein kleines Tänzchen wagen. Und wenn dich auch das Landleben ein wenig zwickt und zwackt, ich will dir schon auf die Beine helfen.“

Zuerst dachte der Fischfisch der Esel hätte wahrlich einen Vogel. Doch die Verlockung auch am Land seine Flossen auf den Boden zu bringen, reizte den Fischfisch so sehr, dass er seine große Angst davor überwand und zu dem Esel schließlich sagte: „Gut zieh mich aus dem Wasser, ich will es probieren und mit dir einen Ausflug am Land wagen.“
„Wenn du mit deinen Flossen mithilfst, gemeinsam schaffen wir es“, iate der Esel, packte den Fischfisch und zog ihn vorsichtig an Land. „Jetzt ruhig atmen und die gute Landluft spüren.“ Und je länger der Esel mit seiner Eselsgeduld dem noch unbeholfenen Fischfisch half, desto leichter war es für diesen seine neue Umgebung kennen zu lernen. Schließlich fasste er einen solchen Landmut, dass er mit dem Esel die ersten Schritte auf der Erde wagte und als diese getan waren, sagte er voller stolz: „Ja nun zum ersten Tänzchen mit dir ist es nicht mehr so weit – hahü und hüha.“
„Du lachst“, rief der Esel erfreut, „komm jetzt lernen wir Schritt für Schritt die Welt kennen und wenn es zu holprig wird, dann kannst du dich ruhig an mir festhalten. Ich will dir zeigen, wie du zu deinen Landkräften findest.“
Mit der Kraft einer Kuh und dem Mut eines Adlers stürzte sich der Fischfisch auf das Abenteuer die Landwelt zu meistern, dass ihm schier Flügel wuchsen. Mit dem Eifer eines Fisches durchschwamm er das Land und wenn ihm der Mut zu verlassen drohte, dann war es der Esel, der ihm auf die Flossen half und ihm freundlich sagte: „Du bist Weltmeister.“

Und so kam es, dass der Fischfisch unter den wachsamen Augen des Esels von Tag zu Tag ganz zum Landfisch heranwuchs und darauf war er wirklich stolz. „Ich bin kein Fischfisch mehr, aus mir ist ein Landfisch geworden“, rief er voll Freude in die Welt hinaus und der Esel nickte mit großer Eselswürde, umarmte seinen Freund und iate: „Ja du bist einer, der in zwei Welten leben kann. Im Wasser und auf dem Land. Du bist der mutige Landfisch.

Und jetzt sag mir zum Schluss noch eins:
Möchtest du nicht auch so ein LANDFISCH sein? Einer, der sich zu Wasser und am Land zurechtfindet. Einer, der sein Leben meistert und gut findet, dass der Esel der schlaue Fuchs ihn an Land gezogen hat.

– von Chris Ploier, Salzburger Märchenerzähler –

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